Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s allen gut. Die Fabrikgesetze im 19. Jahrhundert, die Arbeitskämpfe um den 8-Stunden-Tag und das Drängen nach einem höheren Rentenalter legen allerdings die Frage nahe: welche oder wessen Wirtschaft? Es gibt kein einheitliches ökonomisches Interesse der Bevölkerung. Die wirtschaftspolitische Konfliktlinie verläuft entlang der Frage: Beziehe ich mein Einkommen durch Lohnarbeit oder durch den Besitz von Geld?
In den letzten 25 Jahren erlebten wir eine unglaubliche Radikalisierung der Kräfte, die sich hinter das Kapital stellten. Sie kündigten einseitig die Sozialpartnerschaft auf und wendeten sich gegen den Mittelstand. Die Steuerlast von insgesamt 5 Milliarden Franken wurde von den grossen Unternehmen auf den Rest der Bevölkerung abgeschoben – wir erinnern uns beispielsweise an die Unternehmenssteuer-Reformen 1 bis 3. Für die Mehrheit der Bevölkerung stagnierten die Löhne, die Mehrwertsteuer wurde erhöht, Gebühren stiegen. Auch die Abstimmung über die Abschaffung der Stempelsteuer ist Ausdruck dieses Bestrebens. Entstehende Steuerausfälle müssen am Ende des Tages durch die Bevölkerung gegenfinanziert werden.
Die Folgen dieser bedrohlichen Tendenz erfahren wir Millenials und jüngeren Generationen am eigenen Leib. Der sozialpartnerschaftlich garantierte Wohlstand des letzten Jahrhunderts ist für uns zur Utopie verkommen. Wir werden uns, im Gegensatz zu unseren Grosseltern, durch Arbeit nie ein Haus leisten können. Wir spüren, wie der Mittelstand wegerodiert.
Diese Entwicklung muss nicht nur rückgängig gemacht werden, sie muss sich umkehren. Arbeit soll sich wieder lohnen, nicht das Besitzen von Geld. In diesem Sinne ist es ein reines Gebot des Anstandes: Nein zur Abschaffung der Stempelsteuer.
Nathan Diaz Zeugin, SP