Von besonders reichen Schultern

Krankenkassen-Prämien steigen ins Unermessliche. Inflation und Energiepreise fressen einen Grossteil von Einkommen und Rente auf. Der Mittelstand trägt die Verwerfungen der Zeit, indem er an Ferien spart oder jeden Rappen umdreht.

Es heisst, in einer gerechten Gesellschaft schultern wir Herausforderungen und Krisen gemeinsam. Die Schultern einer besonders reichen Minderheit entzieht sich ihrer Verantwortung allerdings zunehmend. Die Vermögenssteuerreform reiht sich ein in eine Vielzahl von Versuchen, steuerliche Bevorzugungen gegenüber dem Rest der Bevölkerung zu erhalten. Und das ist ihr demokratisches Recht – wenn auch nicht anständig.

Bedenklich ist eher die Radikalität, mit welcher dieser Streit um mehr Geld geführt wird. Partikularinteressen werden in ökonomische Floskeln gehüllt (“Attraktivität”), als falsche wirtschaftliche Zusammenhänge getarnt (Trickle-down), dann als Bedürfnis des Mittelstandes verkauft. Statt weiterhin abenteuerliche Erzählungen in Hochglanzbroschüren zu drucken, wäre das Hochhalten der Wahrheit doch Teil einer redlichen Bürgerlichkeit: Die Steuerkürzungen der einen sind höhere Abgaben für andere. Oder gekürzte Prämienverbilligungen. Oder höhere Steuern.

Während wir also an der Nebenkostenrechnung verzagen, ist es Zeit, dass sich gut gepolsterte Schultern auf ihre Pflichten gegenüber dieser Gesellschaft besinnen.

Nathan Diaz Zeugin, SP

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